05. September 2011 Fraktion DIE LINKE. im Bundestag / Ref. Rechtsextremismus/Antifaschismus

Wahlauswertung: NPD-Wahlergebnis Mecklenburg-Vorpommern 2011

(aus dem Referat Rechtsextremismus/Antifaschismus der Bundestagsfraktion DIE LINKE)


Mit 6,0 Prozent ist der NPD klar der Wiedereinzug in den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern gelungen, in dem sie zukünftig mit fünf Abgeordneten (bisher sechs) vertreten sein wird. Trotz deutlicher Verluste von 1,3 Prozent gegenüber 2006 muss das Ergebnis der NPD als Erfolg für die Nazis gewertet werden.

Angesichts der seit mehr als zwei Jahren andauernden Krise der Partei, die sich in finanziellen Problemen, personellen Querelen und schlechten Wahlergebnissen ausdrückt, ist der Wiedereinzug in MV der so dringend benötigte Achtungserfolg. Nicht zuletzt für die eigene Klientel ist der Wahlerfolg von großer Bedeutung, trägt er doch zur weiteren Motivation bei, die gerade für Wahlkämpfe der NPD enorm wichtig ist. Während in Sachsen-Anhalt trotz großen personellen und finanziellen Aufwands letztlich nur 4,6 Prozent erreicht und damit der Einzug ins Parlament verpasst wurde, hat sich aus Sicht der Nazis der Aufwand in MV gelohnt. Nicht zuletzt für die mit diesem Einzug verbundenen personellen und finanziellen Ressourcen war das Ergebnis in MV für die NPD überlebensnotwendig. Wahlkreis- und Bürgerbüros, bezahlte Mitarbeiter und die Möglichkeiten des Landtags sind eine wichtige Voraussetzung, um die Verankerung im Bundesland weiter zu vertiefen.

Wahlkampf und WählerInnen

Wie schon in Sachsen, so kann die NPD auch in Mecklenburg-Vorpommern auf eine StammwählerInnenschaft bauen die ihr den Einzug in den Landtag ermöglicht, wenngleich sie allein nicht ausreicht. Dennoch bestätigt auch die Wahl in MV, dass die bis heute häufig vertretene These der ProtestwählerInnen falsch ist. Der größere Teil derer, die die NPD wählen, teilt das von der Partei vertretene rassistische und nationalistische Weltbild. So wurde in der Wahlpropaganda der NPD das bekannte Gemisch aus Rassismus und Nationalismus („Guten Heimflug“, „Grenzen dicht für Lohndrücker“ etc.) bedient. Traditionell ist die NPD in MV eng mit der Kameradschaftsszene verbunden, die auch diesmal den Wahlkampf der Partei massiv unterstützt hat und sicherlich entsprechend am Erfolg beteiligt wird.

Ähnlich wie in Sachsen-Anhalt baute die NPD auch in MV auf eine flächendeckende Präsenz im Bundesland, die über ihre tatsächliche Verankerung hinwegtäuscht. Mit einem Wahlkampfetat von ca. 200.000 Euro und angeblich 80.000 Plakaten im ganzen Land war die NPD im Straßenbild in vielen Orten dominierend. Hinzu kommt das weiter gepflegte Image als Kümmererpartei, die sich z.B. als erste an den Werkstoren von Betrieben zeigt, die Teile der Produktion nach Polen verlagern, womit die nationalistische und antipolnische Propaganda der NPD auf fruchtbaren Boden fallen könnte.
Wie schon in den anderen Bundesländern mit starken NPD-Ergebnissen konnte die Partei überdurchschnittliche Ergebnisse bei einzelnen Gruppen erzielen: Arbeitslose wählten mit 18 Prozent dreimal so häufig die NPD wie der Durchschnitt. Auch Arbeiter sind mit 13 Prozent überdurchschnittlich vertreten. Auch in MV ist die Wählerschaft der NPD jung. 15 Prozent der ErstwählerInnen stimmten für die Partei, nimmt man nur die männlichen Erstwähler, dann waren es sogar 17 Prozent.

Trotz Wiedereinzug deutliche Verluste

Trotz dieser Ergebnisse muss der NPD-Erfolg in MV als ein relativer gewertet werden. Zwar konnte die Abwärtsspirale der Partei gestoppt werden, jedoch hat die NPD massiv an Stimmen verloren. Trotz des Rückgangs der Wahlbeteiligung von 59,1 Prozent auf 51,4 Prozent hat sie sich um 1,3 Prozent gegenüber 2006 verschlechtert. In absoluten Zahlen ging die NPD von 59.845 Zweitstimmen auf 40.075 Zweitstimmen zurück (selbst die Nachwahl im Bezirk Rügen I wird das Ergebnis nur um wenige Hundert Stimmen vermehren). Wie auch bei den letzten Wahlen zeigt sich im Ergebnis der NPD eine große Spannbreite. Ostvorpommern und Uecker-Randow ragen mit Ergebnissen zwischen 10 und 15 Prozent weit über den Landesdurchschnitt (Uecker-Randow I = 15,4 %, Uecker-Randow II = 12 %, Ostvorpommern II = 11,3 %, Ostvorpommern I = 10,4 %), wohingegen die Ergebnisse in den größeren Städten wie Rostock und Schwerin unterdurchschnittlich sind.

Bundespolitische Auswirkungen

Die NPD insgesamt wird das Ergebnis als Beleg für ihre Fähigkeit ansehen, auch parlamentarisch erfolgreich zu sein, wobei die Partei auch im Jahr 2011 den Beweis schuldig bleibt, dass sie über ihre beiden Leuchttürme in Sachsen und MV hinaus erfolgreich sein kann. Umgekehrt ließe sich mit gleicher Berechtigung behaupten, die kontinuierliche Arbeit zahlreichen Menschen die sich tagtäglich gegen die Nazis engagieren zeigt mit den kontinuierlichen Verlusten der Partei langsam Erfolg. Letztlich gibt es keine Alternative zu dieser graswurzelmäßigen Auseinandersetzung mit den Nazis im Alltag, will man nicht erneut die durch die Haltung der Union zur Sackgasse gewordene Debatte um ein NPD-Verbot beleben. Umso wichtiger ist die finanzielle Absicherung der Arbeit gegen die extreme Rechte. Die Kürzungsvorhaben der Bundesregierung bei den Programmen gegen Rechtsextremismus von 2 Mio. Euro setzen hier genau das falsche Signal.

Parteiintern konnte Udo Pastörs seine Position im internen Machtkampf mit Parteichef Voigt festigen. Als weitaus eloquenterer Redner würde Pastörs der Partei sicherlich eine lebhaftere Außendarstellung garantieren als das bei Voigt der Fall ist. Allerdings zeichnet sich Pastörs immer wieder durch wüste antisemitische und NS-verherrlichende Auftritte aus, die der Partei jenseits des engen Spektrums der harten Nazis eher schaden. Trotz Konkurrenz zu Pastörs zeigte sich Holger Apfel (NPD-Chef in Sachsen) als loyaler Wahlkämpfer in MV engagiert. Er könnte schließlich als lachender Dritter die Frage der NPD-Führung – wenn sie sich denn wieder stellt – für sich entscheiden.

Für die Wahlen in Berlin wird das Ergebnis in MV der NPD noch einmal Auftrieb geben. Wenngleich niemand mit einem Einzug ins Abgeordnetenhaus rechnet (jedoch in einige BVVen) könnte sich am Wahlabend erweisen, dass die älteste Partei der extremen Rechten, trotz der Konkurrenz zu Pro Deutschland und Die Freiheit, am besten abschneidet.

Kategorien: Antifaschismus, Antirassismus, DIE LINKE.

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