08. October 2011 Kerstin Köditz, MdL

Waffen für NPD-Funktionäre vom Reservistenverband der Bundeswehr?

Die NPD geht wenig sorgsam mit ihrem Schriftverkehr um. Waren erst Anfang des Jahres rund 30.000 Emails in die Hände von Hackern gefallen, so mussten die Neonazis im Sommer gar den Verlust der doppelten Menge beklagen. Eine dieser Mails, die der Grimmaer LINKEN-Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz zugespielt worden ist, enthüllt pikante Details aus dem Innenleben der NPD.

Eine zentrale Rolle dabei spielt der Borsdorfer NPD-Kreisrat Gerd Fritzsche.
Offenbar stocksauer darüber, dass er nur einen Tag vor dem Landesparteitag der sächsischen NPD am 9. April in Auerbach davon ausgeladen wurde und ihm der NPD-Landesvorstand einstimmig ein Hausverbot ausgesprochen hatte, beklagte er sich in einem Schreiben an mehrere NPD-Verbände und an führende Funktionäre wie den Parteivorsitzenden Udo Voigt über den Vorgang. Besonders hart ging er dabei mit dem Leipziger Kreisvorsitzenden Helmut Herrmann und den NPD-Landtagsabgeordneten und langjährigen Landesvorsitzenden Winfried Petzold (Mutzschen) ins Gericht, die er offenbar für seinen Verbündeten in seinem Kampf gegen den Landesvorsitzenden Holger Apfel gehalten hatte. Fritzsche Wörtlich: „Beide haben mir über die Falschheit, Unfähigkeit, Raffgier und Parteifeindlichkeit des Holger Apfel monatelang, jahrelang 2009 und 2010 bei gemeinsamen Schießübungen im Reservistenverband der Bundeswehr in Leipzig volldröhnende Klagelieder gesungen.“ Und weiter: „Dank meiner Hilfe haben Herrmann, Petzold und seine Frau auch Waffenbesitzkarten und entsprechende Waffen (Pistolen und Gewehre) durch den Reservistenverband der Bundeswehr in Leipzig erhalten.“
Ein NPD-Kreisrat, der mit seinen Kameraden beim Reservistenverband der Bundeswehr regelmäßig Schießübungen veranstaltet? Ein NPD-Kreisrat, der NPD-Funktionären über die Reservistenkameradschaft Pistolen und Gewehre besorgt? Eigentlich kaum zu glauben. Köditz ist jedenfalls besorgt. „Wir alle kennen die Gefährlichkeit der Neonazis in Sachsen, die auf Menschenleben kaum Rücksicht nehmen. Er vor zwei Wochen ist in Dresden ein Neonazi verurteilt worden, der einen Molotowcocktail in ein Wohnhaus geworfen hatte. Wäre das Feuer nur zehn Minuten später entdeckt worden, hätten die zehn Erwachsenen und drei Kleinkinder kaum noch eine Chance gehabt.“ Sie befürchtet, dass es sich nur um die Spitze des Eisberges handelt: „Wen hat er noch alles mit Waffen versorgt? Müssen wir befürchten, dass die Gewalt von rechts eine neue Qualität erhält?“


Köditz sieht auf jeden Fall erheblichen Klärungsbedarf. Nach den Bestimmungen des Waffengesetzes dürften eigentlich gar keine Waffenbesitzkarten an Mitglieder der NPD ausgestellt werden, da dieses unmissverständlich vorschreibt, dass Mitglieder von Gruppierungen, die „gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, gerichtet sind“, diese nicht erhalten können. „Ich finde es in diesem Zusammenhang zumindest befremdlich, dass am Donnerstag Dr. Olaf Vahrenhold, stellvertretender Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz, erklärte, sein Amt habe weder Kenntnis von den vor einigen Wochen gehackten Mails der NPD allgemein noch Informationen über Schießübungen von NPD-Funktionären oder deren Bewaffnung. Der Reservistenverband Leipzig wird erklären müssen, weshalb NPD-Funktionäre dort an Schießübungen beteiligt sind, obwohl der Verband seit 2008 einen Unvereinbarkeitsbeschluss gegenüber Personen hat, die durch extremistische Aktivitäten aufgefallen sind. Er wird auch Auskunft darüber geben müssen, ob und auf welche Weise über ihn Kurz- und Langwaffen in die Hände der genannten NPD-Funktionäre gelangt sind.“


Inzwischen hat der Reservistenverband der Bundeswehr in Sachsen bestätigt, dass sowohl Fritzsche als auch die NPD-Funktionäre Herrmann und Petzold bei ihnen Mitglied sind. Man könne sie nicht ausschließen. In anderen Landesverbänden habe man in ähnlichen Fällen bereits Niederlagen vor Gericht hinnehmen müssen. Vielleicht sollten sich die sächsischen Reservisten bei ihrer Bundesführung schlau machen. Der war es nämlich gelungen, den Parteivorsitzenden Udo Voigt und den stellvertretenden Parteivorsitzenden Karl Richter auszuschließen. Und nach ihren eigenen Kriterien dürfte Helmut Herrmann schon längst nicht mehr Mitglied sein. 2010 wurde er rechtskräftig wegen Volksverhetzung verurteilt.

Kategorien: Antifaschismus, Antirassismus, Frieden, Landkreis, DIE LINKE.

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