14. April 2011 Thomas Dudzak

Verpressung ja, aber bitte bei den anderen

Quelle: Dieter Schütz / pixelio.de

Quelle: Dieter Schütz / pixelio.de

Es hat schon etwas von Scheinheiligkeit, was die sächsische Landesregierung umgibt, immer dann, wenn es um die CCS-Technologie geht. Die Abkürzung CCS steht für Carbon Capture and Storage, einer Technologie, bei der in einem Kraftwerk Kohlendioxid vor dem Entlassen der Abgase in die Umwelt abgeschieden wird und in unterirdischen Lagern verpresst werden soll. Die sächsische Landesregierung propagiert schon seit längerem die CCS-Technologie als zukunftsweisenden Beitrag zum Klimaschutz.

Und so ist natürlich auch die Reaktion der Staatsregierung nachvollziehbar, nachdem das Bundeskabinett eine gesetzliche Regelung für CCS auf den Weg gebracht hat, denn vor allem am Fehlen dieser Regelungen musste die Anwendung – ja bereits die Erprobung – zunächst scheitern. Nun soll es aber diese, auch von der Europäischen Union geforderte, gesetzliche Grundlage geben und schon vollführt der Pressesprecher des Umweltministeriums im Rahmen seiner Möglichkeiten sprachliche Freudensprünge. Gegenüber MDR INFO begrüßte er so ausdrücklich, dass nun die gesetzlichen Möglichkeiten zur Erprobung geschaffen würden, sei doch die CCS-Technologie eine zukunftsträchtige und weltweit benötigte Technologie zum Klimaschutz. Und natürlich fehlte nicht der Verweis auf die Notwendigkeit dieser Technologie zur „klimafreundlicheren Gestaltung der Energieerzeugung“ für den sächsischen Braunkohlestandort.

Das also ist des Pudels Kern: Schon vor Fukushima und der neuerlichen Diskussion um die Zukunft der Kernenergie sah die Staatsregierung die Alternative zu längeren Atomlaufzeiten nicht im verstärkten Ausbau Erneuerbarer Energien, sondern in der stärkeren Nutzung von Kohlekraftwerken. Natürlich nicht ganz uneigennützig, denn für die Regierung steht vor allen Dingen der wirtschaftliche Aspekt des nicht unerheblichen Braunkohlevorkommens in Sachsen im Vordergrund. Dummerweise steht die Kohleverstromung nicht ganz zu Unrecht im Verdacht, einen großen Anteil am Kohlendioxidausstoß bei der Erzeugung von Primärenergie zu leisten. Und so musste Ministerpräsident Tillich im August 2010 zu Sicherung der wirtschaftlichen Interessen des Freistaates ganz uneigennützig Sachsen als potentielle Lagerstätte für die Kohlendioxideinlagerung anbieten.

Die Sache hat nur einen Haken: Was Tillich wissen musste und offensichtlich verschwieg wurde im Oktober 2010 vom Landesamt für Umwelt und Geologie noch einmal nachdrücklich bekräftigt: Dass Sachsen nämlich über gar keine geologisch geeigneten Standorte zur Kohlendioxidverpressung verfügt. Am Ende heißt das, dass Sachsens Vorpreschen in Sachen CCS für die Staatsregierung und das Land selbst folgenlos bleibt. Sächsisches Kohlendioxid muss dann halt in anderen Ländern unter die Erde.

Aber auch das ist nicht ganz so einfach, wie sich die Regierung das vorstellt. Denn als Lagerstätten kämen lediglich Gesteinsformationen in Frage, die als mögliche Druckluftspeicher für Windkraft benötigt würden. Bei Nutzungskonflikten mit Erneuerbaren Energien wie Windkraft und Geothermie würde faktisch der Kohlendioxidverpressung der Vorrang gegeben. Auch sind die Speicherkapazitäten begrenzt.

Auch die Ewigkeitskosten sind ein Problem: Die Einlagerung ist irreversibel, die Kosten für den Unterhalt stillgelegter Lagerstätten würden dem Staat und damit dem Steuerzahler auferlegt. Und das mit einer Perspektive mehrerer tausend Jahre. Auch sind die Risiken unerforscht. Die bekannte Endlagerproblematik der Kernkraft würde sich so bei der Braunkohle wiederholen, denn die Frage ist weiterhin ungeklärt, wie man auf eine so lange Perspektive eingelagertes Kohlendioxid sicher verschlossen halten kann oder, wenn dies nicht möglich ist, im Katastrophenfall reagieren soll. Denn wenn durch Risse oder Klüfte in den Gesteinsschichten Kohlendioxid in nicht unerheblichem Maße entweicht, besteht akute Lebensgefahr für Mensch und Tier. Mögliche Folgen können Übelkeit, Bewusstlosigkeit und Krämpfe bis hin zum plötzlichen Erstickungstod sein. Wobei Letzteres angesichts der verpressten Konzentrationen und dem Umstand, dass Kohlendioxid geruchlos und damit nicht wahrnehmbar ist, im Falle eine unkontrollierten Austretens sehr wahrscheinlich ist. Und selbst wenn das Gas nicht aus der Erde austreten sollte, so besteht doch akute Gefahr für die Grundwasservorkommen. Fast belanglos mutet es da an, dass nebenbei die notwendigen Aufwendungen für Abspaltung, Transport und Einlagerung nicht nur den Wirkungsgrad von Kraftwerken, sondern auch noch die Umweltbilanz verhageln.

CCS ist keine sichere Technologie für den Klimaschutz, sondern offensichtlich lediglich ein geeignetes Instrument der Staatsregierung zum Greenwashing der Kohleverstromung. Die Beste Möglichkeit, mit Kohlendioxid umzugehen ist nicht die unterirdische Verpressung nach dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“, sondern die konsequente Vermeidung. Deshalb fordert DIE LINKE. Sachsen nicht nur den konsequenten Ausbau Erneuerbarer Energien, sondern auch ein Aus für die Braunkohleverstromung in Sachsen bis 2040 und ein nachhaltiges Infrastrukturprogramm für die bisher Braunkohleabhängigen Regionen.

Kategorien: Bundespolitik, Sachsen, Ökologie

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