28. November 2011 Redaktion

Kreisvorsitzender Holger Luedtke zur Entscheidung des Vereins Bon Courage, die Fördermittel aus dem Programm "Weltoffenes Sachsen" abzulehnen

Holger Luedtke, Vorsitzender des Kreisverbands DIE LINKE. Westsachsen, zur Ablehnung der Fördermittel des Programm "Weltoffenes Sachsen" durch den Verein Bon Courage:

"Mit sehr viel Verständnis und außerordentlich großem Respekt habe ich die Entscheidung des Bornaer Bon Courage e.V. zur Kenntnis genommen, die Fördermittel aus dem Programm für ein weltoffenes Sachsen", die für Weiterbildungsprojekte Verwendung finden sollten, nicht anzunehmen, da diese an die Unterzeichnung der so genannten "Demokratieerklärung" der Sächsischen Staatsregierung gebunden sind.

Es ist für mich ein ungeheuerlicher Vorgang, das gesellschaftliche, integrative und antifaschistische Engagement unseres Vereins Bon Courage e.V. und ihrer Partner mit der Extremismusklausel per se unter den Generalverdacht zu stellen. Es ist für mich ungeheuerlich, dem Sächsischen Verfassungsschutz, welcher in der Frage des "Nationalsozialistischen Untergrundes", der umgangssprachlich auch als "Zwickauer Terrorgruppe" bekannt wurde, auf ganzer Linie versagt hat, Zuarbeit für die Überprüfung auch antifaschistischer Partner leisten zu müssen, um in den sehr zweifelhaften "Genuss" von Zuwendungen der Sächsischen Staatsregierung zu kommen.

Dies ist ein Schlag ins Gesicht derjenigen jungen Menschen, die sich ehrenamtlich weit über das normale Maß hinaus engagieren. Ich bin maßlos enttäuscht, wenn ich zur Kenntnis nehmen muss, wie in Sachsen diese spezielle Art eines Demokratieverständnisses offizielle Staatspolitik ist. Wir fordern die umgehende Rücknahme der Extremismusklausel! In einem vom juristischen Dienst des Sächsischen Landtages angefertigten Rechtsgutachten wird die Verfassungsmäßigkeit der Extremismusklausel angezweifelt. Ein Jahr Extremismusklausel ist genug! Lange genug wurden Initiativen, die für die Etablierung und Stabilisierung einer demokratischen Kultur und gegenNeonazismus arbeiten, mit Misstrauen begegnet und einem Bekenntniszwang unterzogen.

DIE LINKE mahnt seit vielen Jahren, dass von Rechts tagtäglich Gewalt und Brutalität ausgehen, dass die Naziszene stark vernetzt und aktiv ist - über all die Jahre wurde dies von der Staatsregierung als belanglos abgetan. Nun bekamen wir alle mit einem gewaltigen Schlag die Quittung für ihre Beratungsresistenz. Die Staatsregierung muss endlich den Stock aus den Speichen der Initiativen und Privatpersonen ziehen, die sich unbeirrt gegen Rechts einsetzen, die Gewalt verhindern wollen und für ein weltoffenes Sachsen eintreten."


Die offizielle Presserklärung des Vereins Bon Courage:


Bon Courage e.V. lehnt Fördergelder aufgrund der Demokratieerklärung ab

Bornaer Verein verzichtet auf bewilligte Fördergelder in Höhe von 4.400 Euro aufgrund der sogenannten Demokratieerklärung

Der Verein Bon Courage e.V. lehnt bewilligte Fördergelder des sächsischen Demokratie-Förderprogramms „Weltoffenes Sachsen“ ab, da diese mit dem Unterschreiben der sogenannten Demokratieerklärung verbunden sind. Die am 4. Juli bewilligten Gelder in Höhe von 4.400 Euro sollten ursprünglich für bildungspolitische Projekte verwendet werden.

Der Verein verweigert es jedoch aus mehreren Gründen eine Erklärung zu unterzeichnen, die ihn auffordert, seine Kooperationspartner vom Verfassungsschutz prüfen zu lassen und sich zu einem Bekenntnis zwingen zu lassen. Einerseits hält der Verein staatliche Behörden nicht für die geeignete Instanz zu entscheiden, welche Kooperationen „extremistische Bestrebungen“ unterstützen. Diese Haltung wird durch die aktuellen Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrund“ zwar bestärkt, leitet sich allerdings auch aus früheren Geschehnissen ab. Andererseits lehnt der Verein die der Demokratieerklärung zugrunde liegende Extremismustheorie ab. Diese Theorie wurde seit ihrem Aufkommen mehrfach empirisch widerlegt und erklärt die Phänomene nicht, über die sie spricht. „Die Definition des Begriffes ‘politischer Extremismus’ ist unhaltbar.“, so der Verein. „’Extremistisch’ ist am Ende immer das, was sich zu weit von der angeblich demokratischen Mitte entfernt. Diese Bewertung ist dadurch willkürlich und abhängig vom jeweiligen Selbstverständnis der Bewertenden. Dabei obliegt es letztendlich dem Verfassungsschutz zu benennen, was angeblich extremistisch ist und diese Behörde ist zwangsläufig äußerst parteiisch.“

Bon Courage e.V. empfindet es als Frechheit, zivilgesellschaftliches Engagement unter Generalverdacht zu stellen und somit wertvolle Projektarbeit zu blockieren und einzuschüchtern. Vielmehr sollte es darum gehen, gemeinsam auf einer vertrauensvollen Basis zu agieren, um ein respektvolles Miteinander zu erreichen. Die Verschiedenheit der Weltanschauungen und die Akzeptanz derer ist dabei eine grundlegende Voraussetzung der Demokratie. Das Bekenntnis zu einer Grundordnung, die eigentlich immer Gegenstand der Diskussion sein sollte, verneint eben diese grundlegende Diskussion als Hauptmerkmal der demokratischen Gesellschaft.
Desweiteren stellte erst jüngst der juristische Dienst des Sächsischen Landtages fest, dass eine ‘richtige’ Gesinnung nie überprüfbar ist, sondern letztlich immer nur an den Handlungen gemessen werden kann. Außerdem wird in eben jenem Rechtsgutachten auch darauf hingewiesen, dass das Bekenntnis gegen die negative Meinungsfreiheit verstößt, welche dem Einzelnen das Recht einräumt, sich eben zu einem Sachverhalt nicht äußern zu müssen.

Aus diesen Gründen verweigert Bon Courage e.V. die Unterzeichnung einer solchen Klausel und fordert gleichzeitig die Abschaffung eben dieser Klausel, deren Einführung keinen erkennbaren Vorteil birgt.

Kategorien: Antifaschismus, Antirassismus, Sachsen, Grund- und Freiheitsrechte, Mitbestimmung, Landkreis, DIE LINKE.

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