09. November 2011 Jonas Korsch, Ferdinand Müller

Kommentar: Reichspogromnacht - Ein trauriges Jubiläum

Am 9. November jährt sich die „Reichspogromnacht“ zum 73. Mal. Ein Kommentar von Jonas Korsch und Ferdinand Müller.

 „Die Nacht vom 9. zum 10. November 1938 stellte einen der Höhepunkte in der traurigen Geschichte antijüdischer und antisemitischer Ressentiments dar. Höhepunkt deshalb, weil in dieser Nacht die Barbarei der Naziherrschaft in Deutschland ihr volles Ausmaß erreichte. Dieses als “Reichspogromnacht” in die Geschichte eingegangene Ereignis, war ein Ausdruck all dessen, was sich die Jahre zuvor schon angekündigt hatte, und nun in die Tat umgesetzt wurde: systematische Ausgrenzung, Entmündigung und schlussendlich staatlich legitimierter Terror und industrieller Massenmord.

Diese Entwicklung steht nicht in einer Reihe "unglücklicher Zufälle", auch nicht in dem Willen einer bösen Macht, die in dieser Zeit die Herrschaft in Deutschland übernommen hatte, sondern ist von der überwältigenden Mehrheit der Menschen in Deutschland damals so gewollt oder zumindest hingenommen wurden.Dass Jüdinnen und Juden als so genannter "Volksfeind" oder "Parasit" den“Deutschen” untergeordnete Wesen seien, welche man beseitigen müsse, ist keine plötzliche Erkenntnis der Zeit gewesen. Vielmehr war es über Jahre hinweg zu erahnen gewesen, auf was die Nazis abzielten: Sei es durch Adolf Hitlers "Mein Kampf", das Wahlprogramm der NSDAP oder die hetzerischen Reden seiner Vertreter in der Öffentlichkeit. Gerade deshalb, sind die Lügen derjenigen Deutschen verabscheuungswürdig, die meinten, sie hätten von alldem nichts gewusst. Denn oftmals ist das Leugnen der letzte Akt des Verbrechens.SA und SS, Polizei, Feuerwehr und Anwohnende plünderten und zerstörten gemeinsam Synagogen, Jüdische Wohnungen und Läden, prügelten, demütigten und mordeten ihre Bewohnerinnen und Bewohner.

Dennoch sollte der Barbarei damit kein Ende gesetzt sein. Die “Pogromnacht” war der Auftakt einer gezielten Vernichtungsmaschinerie, die damit ihr Werk aufnahm und schließlich im größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte mündete.

Auch in Markkleeberg machte diese unmenschliche Raserei keine Ausnahme. Betroffen war hier die Familie Bamberger die in Markkleeberg lebte. Ihre Geschichte reiht sich ein in ein tausendfaches Unrecht und Leid, das jüdische Familien in Leipzig und Deutschland betroffen hat. In der “Reichspogromnacht” wurde auch ihr Geschäft in Leipzig an der Ecke Goethe-/Grimmaische Straße in Brand gesetzt. Als Höhepunkt des staatlichen Terrors wurde die Familie im Anschluss selber für das Feuer verantwortlich gemacht und wegen Brandstiftung und Versicherungsbetrug verhaftet. In der Folgezeit wurde ihre Firma aufgelöst, ihr Besitz und die den Bambergs gehörende Aktiengesellschaft "arisiert".

Damit diese Ereignisse, hier und in allen anderen, kleinen und großen Orten, niemals vergessen werden, dafür verneigen wir uns am 9.11. in Scham und Demut vor den Opfern der faschistischen Diktatur. Für Antifaschistinnen und Antifaschisten der heutigen Zeit, ist dieser Gedenktag aber  weit mehr, als nur ein Tag der Trauer und des Erinnerns. Viel mehr steht er als Mahnung gegen heutige Nazis und Rassisten und deren menschenverachtende Ideologien, und zeigt, wie wichtig Antifaschismus ist. Genau deshalb ist es auch in der heutigen Zeit unabdingbar, antifaschistischen Widerstand zu leisten. Und dieser darf niemals kriminalisiert und staatlicher Repression ausgesetzt werden.

Abschließend ein Zitat von Theodor Adorno, der schrieb:

„Die Forderung, daß Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung. Sie geht so sehr jeglicher anderen voraus, daß ich weder glaube, sie begründen zu müssen noch zu sollen. Ich kann nicht verstehen, daß man mit ihr bis heute so wenig sich abgegeben hat. Sie zu begründen hätte etwas Ungeheuerliches angesichts des Ungeheuerlichen, das sich zutrug.“

Kategorien: Antifaschismus, Antirassismus, Frieden, Landkreis, DIE LINKE., linksjugend

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