31. October 2010 Kerstin Köditz

Köditz: „Gericht fördert Nazigewalt“

Quelle: Simple / pixelio.de

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Die Unabhängigkeit der Justiz dürfe nicht dazu führen, dass auch die „unverständlichsten Entscheidungen“ kritiklos hingenommen würden. „Wenn ein Handwerker pfuscht, wird jeder Bauherr protestieren. Wenn ein Gericht mit einem Urteil dem Geist des Gesetzes Hohn spricht, dann sollte das ebenso deutlich benannt werden“, hadert die Grimmaer Landtagsabgeordnete der LINKEN, Kerstin Köditz. Grund für ihren Zorn ist das Urteil, welches das Jugendschöffengericht Chemnitz am vergangenen Donnerstag im Fall einer schweren Körperverletzung an einem 15-jährigen Geithainer gesprochen hatte.

„Wenn jemand wie der verurteilte Täter mit 19 Jahren bereits sieben Verurteilungen – darunter fünf Körperverletzungen – vorzuweisen hat, dann ist es schlicht unverständlich, dass er sich selbst dann noch über eine Bewährungsstrafe freuen darf, wenn sein letztes Opfer durch Glück und die ärztliche Kunst überlebt hat.“, fasst Köditz ihre Meinung zusammen. „Wenn jemand erst in der Verhandlung auf die Idee kommt, sich bei seinem Opfer zu entschuldigen, macht ihn das nicht unbedingt glaubwürdiger. Und wenn das Gericht ein paar vagen Versprechungen glaubt, müssen sich die Richter der Naivität zeihen lassen.“

Sie habe die Erfahrung gemacht, dass gerade in solchen Fällen der generalpräventive Aspekt besonders zu berücksichtigen sei. „Letztlich fördert das Gericht indirekt die Nazigewalt, wenn es an die Gesinnungskameraden des Täters das Signal sendet, es müsse faktisch erst zum Tod des Opfers kommen bevor eine Haftstrafe ohne Bewährung ausgesprochen wird.“ Gewalttäter wie der jetzt verurteilte junge Erwachsene aus Lunzenau seien praktisch „tickende Zeitbomben“. „Mich erinnert das schon ein wenig an den Umgang mit der Nazigewalt in der Weimarer Republik, wenn die feste Verankerung des Schlägers in der regionalen Nazi-Szene nicht in Rechnung gestellt wird“, meint Köditz. „Genau aus jenen Kreisen war es bereits zuvor zu Drohungen gegen das spätere Opfer gekommen.“

Sie hoffe sehr, dass die Engagierten in Geithain, die etwas gegen den Rechtsextremismus vor Ort tun wollen, sich durch dieses Urteil nicht entmutigen ließen. Das Urteil unterstreiche ungewollt auch die Notwendigkeit der „Initiative für ein weltoffenes Geithain“. „Wenn die Gericht schon nicht Gerechtigkeit walten lassen, dann müssen wenigstens die Bürger ihrer Bürgerpflicht nachkommen“, resümiert sie bitter. Vorläufig bleibe nur die Hoffnung, dass Berufung gegen das Urteil eingelegt werde.

Kategorien: Antifaschismus, Landkreis

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