08. July 2012 Redaktion

DIE LINKE zu Strafvollzug in freien Formen: Wenn Bürgerentscheid, dann aber fair und objektiv

Quelle: Marvin Siefke / pixelio.de

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Auch der westsächsische Kreisverband der Partei DIE LINKE meldet sich in der Frage um die Ansiedlung des Seehaus e.V. und dessen Projekt, dem Strafvollzug in freien Formen am Bockwitzer See zu Wort. Wie Pressesprecher René Jalaß meint, sei ein Bürgerentscheid in Borna auch für die LINKEN denkbar, ohnehin würden sie "schon immer für ein Mehr an bürgerlicher Mitbestimmung eintreten." Allerdings, so Jalaß, setze dies auch voraus, "dass die Bürgerinnen und Bürger fair und objektiv informiert und nicht mit Stammtischparolen veräppelt werden."


Jalaß weiter: "Ich habe mich vor einiger Zeit an die entsprechende Bürgerinitiative gewandt, um Klarheit zu bekommen, wie sie auf ihre teilweise hanebüchenen Argumente gegen den Verein und dessen Ansiedlung in Borna kommen. So lässt sich auf der Internetseite der Initiative 'Borna steht auf' eine Korrespondenz an Frau Köpping (SPD) nachlesen, in der von Sexualstraftätern und Totschlägern gesprochen wird. In der Einrichtung solle Drill herrschen, die Gefangenen sollen jedoch auch nicht für ihre Taten belohnt werden.

Ja was denn nun? Kein Drill oder keine Belohnung? Dass der Strafvollzug kein Zuckerschlecken ist, ist doch wohl klar und es ist auch nicht seine Aufgabe. Von daher mutet die transparent kommunizierte Tagesstruktur des Projekts auch straff und streng an. Mithin ist sie sogar strenger und bewachter als im regulären Jugendstrafvollzug. Von Belohnung kann hier also nicht die Rede sein. In dem Projekt sollen auch zu keinem Zeitpunkt 'Totschläger' und 'Sexualverbrecher' aufgenommen werden. Der Verein verneint dies bereits vom ersten Tag an und setzt es bislang so durch. Man kann also auf dem Boden der Tatsachen bleiben, wenn man die Bevölkerung hinter sich wissen will.

Doch DIE LINKE geht auch kritisch mit dem Projekt um. Die dort geübte religiöse Praxis macht uns vor dem Hintergrund eines weltanschaulichen Neutralitätsgebotes durchaus Gedanken. Wir machen das Christentum jedoch auch nicht für die verkorkste CDU-Politik im unserem Land verantwortlich. Das Modell der Hauseltern lässt ebenso Fragen aufkommen. Beispielsweise nach der professionellen Distanz zwischen Betreuern und Gefangenen. Ist die so aufgestellte Familienstruktur nicht auch eine gewisse 'Scheinwelt', die vor der Inhaftierung kaum vorhanden war und nach Entlassung nur schwer aufrecht zu erhalten ist? Aber sie kann helfen und stützen, sie kann ordnen und strukturieren. Eine gute Nachsorge ist wichtig. Im Gefängnis jedenfalls, lernen die jungen Menschen zuerst den schlechten Umgang untereinander und festigen gegebenenfalls kriminelle Einstellungen. Alternativen zum Wegschließen begrüßen wir.

Wir wünschen uns daher, dass im Haushaltsentwurf der Staatsregierung die Fortführung der Förderung des Projekts enthalten ist. Herr von Breitenbuch (CDU) ließ sich am vergangenen Wochenende zum Tag der offenen Tür des Seehaus-Vereins durch den CDU-Stadtrat Herrn Wübbeke zumindest so zitieren, dass dies seitens der Staatsregierung gesichert sei. Außerdem sollte die Staatsregierung ihre Haltung zu einer Vergabe ähnlicher Projekte an andere Träger überdenken. Bislang lehnt sie dies ab, was aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage hervorgeht. Trägervielfalt kann die methodische Arbeit jedoch bereichern.

DIE LINKE im Kreis wird dies weiterhin verbunden kritisch begleiten. Aber wir werden uns definitiv nicht in dumpfen Parolen üben und Unwahrheiten streuen. Das verbietet unsere politische Professionalität und der Auftrag unserer Wählerinnen und Wähler.

Wir stehen für eine rationale Kriminalpolitik, für einen kritischen Umgang mit dem bloßen Wegsperren und eine solide Ausstattung des Justizvollzugs. Und damit nicht genug, setzen wir uns auch für einen anderen Umgang mit der Opferperspektive ein. Zwar ist moderner Strafvollzug langfristig auch Opferschutz. Doch oft wissen die Betroffenen nicht genau, an wen sie sich wenden können, wenn sie Hilfe suchen. Hier herrscht großer politischer Nachholbedarf in den Bereichen Beratung, Begleitung und Betreuung. Wir müssen das eine tun, ohne das andere zu lassen. Sicherheit erreichen wir nicht mit härteren Strafen, sondern mit Projekten und Instrumenten, die die Ursachen von Kriminalität angreifen.

Nur wer Zugang zu wahren Argumenten hat, kann sich vor einem Bürgerentscheid eine eigene Meinung bilden, die auf Tatsachen beruht. Ist dies gesichert, dann steht DIE LINKE einem Bürgerentscheid mit Sicherheit nicht entgegen. Doch so, wie die Initiative 'Borna steht auf' bislang verfährt, ist es die reinste Veräppelung der Bürgerinnen und Bürger Bornas. Eine Antwort der Initiative auf meine Fragen habe ich übrigens bis heute nicht erhalten.

Wer Fragen zur Position der westsächsischen LINKEN zum Jugendstrafvollzug im Allgemeinen und dem Projekt Seehaus hat, kann sich jederzeit persönlich, telefonisch oder über das Internet mit uns in Kontakt setzen.

Kategorien: Sachsen, Kommunalpolitik, Grund- und Freiheitsrechte, Mitbestimmung, Landkreis, DIE LINKE., Pressemitteilungen

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