05. January 2011 Redaktion

Die Gesundheitsreform 2011 – Eine Zeitbombe zu Lasten der Schwachen

Quelle: TommyS / pixelio.de

Quelle: TommyS / pixelio.de

Ein bewertender Überblick über die Änderungen in diesem Jahr und eine Einladung zu einer Veranstaltung mit der gesundheitspolitischen Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag, Kerstin Lauterbach, in Geithain.


Wer heute krank wird, spürt, wie teuer die Gesundheitsversorgung werden kann: Neben Sonder- und verstärkt Zusatzbeiträgen werden zehn Euro pro Quartal beim Arztbesuch fällig, hohe Zuzahlungen für Medikamente, vierzehn Euro pro Krankenhaustag oder etwa zwanzig Euro für sechs Anwendungen Krankengymnastik. Wer einen Zahn verliert, muss erst recht tief in die Tasche greifen, um eine Brücke oder Krone bezahlen zu können. Mit mehreren hundert Euro mindestens muss man beim Zahnersatz rechnen. Bei den frei verkäuflichen Medikamenten und bei Brillen gibt es für die allermeisten Patientinnen und Patienten überhaupt keine Hilfe der Krankenkasse mehr.


Die verschiedenen Bundesregierungen der letzten Jahrzehnte sind mit ihren Gesundheitsreformen gescheitert: Die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen werden immer geringer. Dafür müssen die Versicherten aber einen wachsenden Anteil der gesundheitlichen Versorgung selbst finanzieren, während die Arbeitgeber entlastet werden. Das jüngste Beispiel ist der Gesundheitsfonds: Zusätzlich zum allgemeinen Beitragssatz müssen die Versicherten zunehmend Zusatzbeiträge zahlen; der Arbeitgeberanteil bleibt dagegen gleich. Während der Staat seinen sozialstaatlichen Auftrag und die öffentliche Daseinsvorsorge vernachlässigt, stehen die Profiteure der Entsolidarisierung der Gesellschaft parat. Der Gesundheitssektor wird als lukrativer Markt angesehen, auf dem private Investoren neue Geschäftsfelder für sich und ihre Aktionäre aufbauen. Patientinnen und Patienten werden so zu Kundinnen und Kunden, Gesundheit zu einer Ware, das Gesundheitssystem zu einem Markt.


Union und FDP zündeln in 2011 weiter mit dem schwarzgelben Selbstbaukasten - diesmal keine Silvesterraketen, sondern eine Zeitbombe im Gesundheitswesen. Mit dieser Reform wird die Solidarität im Gesundheitssystem zu Grabe getragen.

 

Änderungen ab 01.01.2011


Beitragserhöhung bei den gesetzlichen Krankenkassen

Die Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung steigen von 14,9% auf 15,5%. Diese Änderung ist die letzte solidarische Gemeinsamkeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Alle darauf folgenden Erhöhungen werden ausschließlich von den Arbeitnehmern zu tragen sein. Bekannt wurde dies unter dem Begriff der „Kopfpauschale“.


Von den Kassen selbst und frei bestimmbare Zusatzbeiträge

Weitere Zusatzeinnahmen können die Kassen nun über frei festsetzbare Zusatzbeiträge erzielen. Die „Ein-Prozent-Regel“ entfällt. Auch wenn jetzt noch nicht alle Kassen Zusatzbeiträge erheben, rechnen Fachleute mit einer fast vollständigen Ausnutzung dieser Möglichkeit in den Folgejahren. Begründet wird dies u.a. mit einer Notwendigkeit in Folge des demografischen Wandels


Sozialausgleich für niedrige Einkommensgruppen

Menschen mit geringem Einkommen können einen Sozialausgleich beantragen. Das Verfahren ist sehr kompliziert und setzt beispielsweise voraus, dass beinahe eine tagesaktuelle Kenntnis vom aktuellen Zusatzbeitragsdurchschnitt aller Kassen vorliegt. Daran nämlich orientiert sich der Sozialausgleich. Wenn jemand nachteilig hohe Zusatzbeiträge, nämlich über dem Durchschnitt zu leisten hat, zahlt dieser Patient die Differenz aus eigener Tasche. Liegt er unter dem Durchschnitt hat er Glück. Für die meisten Rentner, chronisch kranke oder Personen, die aus anderen Gründen nicht flexibel genug reagieren können, endet diese Regelung ausschließlich in finanzieller Benachteiligung.


Bezieher von ALG-II sind vom Zusatzbeitrag befreit, aber…

Empfänger von ALG-I, Rentner und andere Geringverdiener zahlen weiterhin den vollen Beitrag, der von ihren jeweiligen Kassen verlangt wird. Wird ein Sonderbeitrag von der Kasse erhoben, kann innerhalb von 6 Wochen nach der gesetzlich vorgeschriebenen Information der Kassenmitglieder gewechselt werden.


Engerer Gürtel am Gesundheitswesen

Weiter gespart wird bei den Ärzten, Krankenhäusern und der Pharmaindustrie. Hier sollen in 2011 rund 3,5 Milliarden Euro einbehalten werden. Neben den Beitragssteigerungen dient dies der Sanierung des Defizits im Gesundheitsfonds.


Bevorzugung der privaten Krankenversicherung

Der Wechsel in die private Krankenversicherung wird erleichtert. Galt bislang eine „3-Jahres-Regelung“ kann ein Arbeitnehmer nun bereits nach einem Jahr mit einem Verdienst von mehr als 49.500 Euro brutto in die private Kasse wechseln. Der Wechsel zurück zur gesetzlichen Krankenversicherung bleibt weiterhin steinig bis unmöglich. Eine private Krankenversicherung ermöglicht auch keine Mitversicherung der Kinder im Sinne einer Familienversicherung. Hier muss jedes Kind einzeln versichert werden.


Noch weniger Staat im Gesundheitsfond

Der Anteil des Bundeszuschusses für den Gesundheitsfond wird von 15,7 auf 15,3 Milliarden Euro abgesenkt. Geplanten war einst eine Absenkung auf 13 Milliarden. Mit dem höheren Beitrag soll der Sozialausgleich bis 2015 gesichert werden.



EINLADUNG

Weitere Informationen zur Gesundheitsreform 2011 können sie auf einer Veranstaltung des OV Geithain erfahren. Im Rahmen eines Bürgerforums zum Thema.

Bürgerforum „Gesundheitsreforum – Das Ende des solidarischen Gesundheitssystems?“


Am Montag, den 10. Januar 2011 beantwortet Frau Kerstin Lauterbach, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag, Fragen rund um die neuen Regelungen im Gesundheitssystem. Das Forum findet ab 18 Uhr  in der Begegnungsstätte des Pflegedienstes Strigan in der Bahnhofstraße 2 in Geithain statt.

 

Der Ortsverband Geithain der Partei DIE LINKE lädt alle Interessierten dazu herzlich ein.

Kategorien: Bundespolitik, Soziales, DIE LINKE.

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