05. March 2012 Kerstin Köditz (MdL)

Apfel ersetzt NPD-Verbotsverfahren – Zerfall der sächsischen NPD beschleunigt sich

Quelle: Pocze Janos / pixelio.de

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Zu den jüngsten Entwicklungen in der sächsischen NPD erklärt Kerstin Köditz, Sprecherin für Antifaschistische Politik der Linksfraktion:


Von der demonstrativ beschworenen „harmonischen Stabübergabe und der Bekräftigung des Kurses der seriösen Radikalität“, so die NPD nach ihrem Landesparteitag im Januar, ist nur einige Wochen später wenig geblieben. Offenbar ist Fraktionschef Holger Apfel unter tatkräftiger Mithilfe des Landesvorsitzenden Mario Löffler und dessen Stellvertreter Maik Scheffler dabei, einen Scherbenhaufen zu produzieren. Vorläufiger Höhepunkt der Entwicklung im Landesverband Sachsen ist der Austritt des gesamten NPD-Kreisvorstandes im Landkreis Leipzig. Damit ist mit rund 80 Mitgliedern bisher einer der größten Kreisverbände der Neonazi-Partei faktisch handlungsunfähig.

Die Kritik richtet sich deutlich gegen das Duo Apfel/Löffler, die der NPD einige kosmetische Korrekturen in Richtung konservativer Seriosität verpassen wollten. Bereits zuvor hatte der NPD-Kreisrat Sven Tautermann (Nerchau) seinen Parteiaustritt erklärt und die NPD sich von dem auf ihrer Liste gewählten Kreisrat Gerd Fritzsche (Borsdorf) distanziert. In der letzten Kreistagssitzung war allerdings von einem Zerwürfnis mit den beiden verbliebenen NPD-Kreisräten nichts zu spüren. Nunmehr ist der Grund dafür klar: Tautermann hatte nur die Vorhut für den restlichen Kreisvorstand der NPD um Marcus Müller (Mutzschen) gebildet. Der Kreisverband dürfte damit nicht mehr handlungsfähig sein.

Die gravierenden Querelen innerhalb der NPD im Landkreis Leipzig stellen keineswegs eine Ausnahme im Landkreis dar. Bereits im Januar hatte der NPD-Vorsitzende von Chemnitz seine Partei verlassen und einen Teil der Aktiven des Kreisverbandes mit sich genommen. Im Kreisverband Mittelsachsen gibt es ebenfalls heftigen Widerstand gegen die neue Ausrichtung der NPD. Im Erzgebirgskreis, der Heimat des Landesvorsitzenden Löffler, sind die Differenzen mit den radikalen Neonazis so stark, dass eigens für den 15. Februar ein Schlichtungsgespräch in Annaberg angesetzt worden war. Das magere Ergebnis: man will sich erneut treffen.

Pikanterweise hat der Parteivorsitzende Holger Apfel diesen Exodus langjähriger Funktionäre selbst herbeigeführt. Um die Handlungsfähigkeit des seit Jahren an Mitgliedern verlierenden Landesverbandes Sachsen zu sichern, hatte er ein Bündnis mit dem „Freien Netz“ geschlossen und für den Aufstieg von dessen faktischen Führer Maik Scheffler (Delitzsch) zum stellvertretenden Landesvorsitzenden gesorgt. Zwischen Fraktionsvorsitzenden Apfel und Fraktionsmitarbeiter Scheffler ist das Tischtuch inzwischen zerschnitten. Apfel wird vom „Freien Netz“ heftig angegriffen, im Gegenzug werden die Gefolgsleute Schefflers wie der bisherige JN-Landesvorsitzende Tommy Naumann (Leipzig) zunehmend ausgegrenzt. Naumann ist als Fraktionsmitarbeiter gekündigt worden und hat den Gang vor das Arbeitsgericht angekündigt.

Wenn Holger Apfel so weiter agiert, dann macht er das aufwändige und unsichere Verbotsverfahren gegen die NPD überflüssig, denn eine Voraussetzung dafür ist die Relevanz und Gefährlichkeit der betreffenden Partei. Apfel und seine „Gruppe Demontage“ sorgen gerade nach Kräften dafür, dass diese Relevanz zumindest in Sachsen mittelfristig nicht mehr gegeben ist. Demokraten kann das nur freuen. Ein Grund zur Beruhigung ist das aber keineswegs. Die nunmehr nicht mehr parteigebundenen Neonazis werden sich durch besondere Aktivität profilieren wollen. Die Gefahr auch militanter Übergriffe in Sachsen und nicht zuletzt bei uns im Landkreis dürfte folglich weiter zunehmen.


Kategorien: Antifaschismus, Antirassismus, Sachsen, Landkreis, DIE LINKE., Pressemitteilungen

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