11. August 2011 Enrico Stange

"Ahistorische Äußerungen sprechen Gleichsetzung von rechts und links das Wort"

Quelle: M.E. / pixelio.de

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Zur gemeinsamen Erklärung von Romy Bauer und Georg Ludwig von Breitenbuch im Zusammenhang mit der angekündigten NPD-Veranstaltung in Geithain erklärt Enrico Stange, Mitglied des Sächsischen Landtages:

„Es ist zu begrüßen, wenn Bürgermeisterin Romy Bauer und Herr Breitenbuch das Treiben von NPD und sogenannten „Freien Kräften“ geißeln und verurteilen. Es ist gut, wenn sie die Grundwerte der Freiheit, der Demokratie und des Rechtsstaates unterstreichen. Es wäre allerdings noch besser, am 13. August nicht nur die Sorge vieler Geithainerinnen und Geithainer zu teilen, sondern sich als politische Verantwortungsträger an die Spitze des Protestes bei den Gegenveranstaltungen zu stellen. Die Demokratie wird am 13. August nicht auf der Ofenbank verteidigt, sondern mit Zivilcourage durch das breite Bündnis unter Beteiligung der Initiative für ein weltoffenes Geithain.

Allerdings stellt Herr Breitenbuch auch unter Beweis, dass er Landwirt, nicht Historiker ist. Es ist richtig, darauf zu verweisen, dass die Nazis eine menschenfeindliche Ideologie von Hass, Unmenschlichkeit und Gewalt vertreten. Es ist aber falsch und zudem ahistorischer Unsinn, wenn in der Erklärung die Einsetzung Hitlers als Reichskanzler 1933 auf eine parlamentarische Mehrheit von NSDAP und KPD zurückgeführt wird. So wird in durchsichtiger Weise das Pferd von hinten aufgezäumt.

Richtig ist, dass sich mit Hereinbrechen der Weltwirtschaftskrise 1929 auch die politische Situation in der Weimarer Republik deutlich verschärfte. Nachdem die Reichsregierung der Großen Koalition unter Hermann Müller (SPD) 1930 gescheitert war, wurden durch den Reichspräsidenten von Hindenburg fortan Präsidialkabinette ohne eigene parlamentarische Mehrheit und bewusst gegen SPD und KPD gebildet, welche mit Notverordnungen nach Artikel 48 der Weimarer Reichsverfassung regierten und so das Parlament umgingen.

Nicht eine ominöse Mehrheit von KPD und NSDAP war es also, die Hitler 1933 an die Macht gebracht haben. Das Fehlen einer parlamentarischen Mehrheit für eine Koalition, das rasante Errodieren der parlamentarischen Demokratie durch Ausschaltung des Parlamentes nach Artikel 48 der Reichsverfassung haben die politische Lage der Weimarer Republik weiter destabilisiert. So wurde Hitler von keinem Parlament gewählt, sondern letztlich von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Und das auf Drängen von politischen Gruppierungen der Rechten und teils der Mitte.

Dass mit dieser ahistorischen Äußerung einer Gleichsetzung von rechts und links das Wort gesprochen werden und der demokratische Protest des breiten Bündnisses am Samstag diskreditiert werden soll, scheint offensichtlich. Die Lehren von Weimar sind jedoch andere: Statt sich pauschal von politischen Gegnern der Linken als „Extremisten“ abzugrenzen, gilt es im Sinne der Grundwerte der Demokratie und unserer grundgesetzlichen Ordnung trotz politischer Unterschiedlichkeit gemeinsam gegen die menschenfeindliche und antidemokratische Ideologie der Nazis aufzustehen.“

Kategorien: Pressemitteilungen, Landkreis, Antifaschismus, Antirassismus

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