27. January 2011 Eberhard Schneidenbach

Quelle: Pegasuse / pixelio.de

Quelle: Pegasuse / pixelio.de

Eberhard Schneidenbach sprach anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2011 bei der Gedenkveranstaltung auf der Gedenkstätte Lobstädter Straße in Borna. Wir dokumentieren an dieser Stelle seine Rede:

Werte Bürgerinnen und Bürger! Liebe Freunde!

Wir haben uns heute am Ehrenmahl in der Lobstädter Straße eingefunden, um an die Verbrechen, die der deutsche Faschismus in seiner zwölfjährigen Herrschaft über die Mensche in Europa und der Welt brachte.

Eigentlich sollte das Gedenken an die Opfer an der Stätte stattfinden, wo sie ihr Leben lassen mussten, im ehemaligen KZ Außenlager von Buchenwald,im „Großen Fürstenholz“  in Flößberg.

Einige Gedanken zur Geschichte:

Mit der Machtergreifung Hitlers am 30. Januar 1933 und dem Brand des Berliner Reichstagsgebäudes im Februar 1933 nahm die unselige deutsche Geschichte ihren Lauf.

Das menschenverachtende und barbarische System hat in den 12 Jahren seiner Herrschaft den europäischen Kontinent in einen Dschungel verwandelt,  wo Verbrechen als Heldentaten, Grausamkeit als Mut, Käuflichkeit als Tugend und Rohheiten als Kultur galten.

Noch nie zuvor war die Menschheit dem Untergang so nahe gewesen.

Wer sich widersetzte war ein Volksverräter, ein ehrloser Mensch, kam in die Vernichtungslager Auschwitz, Dachau, Maidaneck, Sachsenhausen, Buchenwald oder in andere KZ’s der 28 Hauptlager oder in eines der 2000 Außenlager.

Jüdische Menschen und Osteuropäer galten als Untermenschen und Gegner des Faschismus standen auf den Vernichtungslisten.

Die Häftlinge der KZ’s wurden als billige Arbeitskräfte für die Rüstungsbetriebe genutzt und schonungslos ausgebeutet.

Wer nicht mehr arbeitsfähig war kam in die Gaskammer.

Es stockt einem der Atem, mit welcher mörderischen Perfektion diese Tötungsfabriken betrieben wurden.

Auch in unserem Kreis Borna gab es ein Außenlager von Buchenwald, im „Großem Fürstenholz“ in Flößberg.

Dieses Lager wurde im November 1944 errichtet und bestand aus 10 – 14 Häftlingsbaracken, mehrere Bewacher- und Arbeitsgebäude. 

Als Erbauer waren, die Häftlinge selbst tätig.

Sie waren in der Zeit des erbauen im Saal des Gasthofs Flößberg untergebracht.

Sie liefen bei jedem Wetter 2-mal durchs Dorf zur Arbeit, in ihrer dünnen und schlechten Häftlingsbekleidung und das klappern der  Holzschuhe dröhnte ihnen nach.

Keiner hat sie gesehen, keiner hat sie gehört!

Mehr als 1900 Häftlinge, zumeist  ungarische und polnische Juden,

zwangsverpflichtete Franzosen, Belgier und Holländer durchliefen bis Mitte  April 1945 das Lager und mussten unvorstellbar schwer arbeiten.

Das Lager entstand infolge der zunehmenden Luftangriffe auf das Leipziger HASAG – Werk.               

In dieser Außenstelle des HASAG - Werkes wurden unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen Panzerfäuste hergestellt.                                                      

Nachweislich kamen in Lager  235 Menschen um.

Eine Vielzahl wurde nach Buchenwald, oder ins Krematorium des Südfriedhofes in Leipzig, zur Einäscherung gebracht, oder im „Großem Fürstenholz“  Flößberg, verscharrt.

Am 12. April 1945 wurden die 1144 verbliebenen Häftlinge in Begleitung der SS-Wachmannschaft mit Bahntransporten „evakuiert“.

Es dauerte einige Zeit, bis die Aufmerksamkeit der US-Armee auf das geräumte Außenlager bei Flößberg fiel.

Erst in den letzten Apriltagen wurden Massengräber entdeckt.

Durch die amerikanische Militärregierung wurde die Öffnung der Massengräber und die Exhumierung der Leichen angeordnet.

Am 30. April 1945 wurden 98 geborgene Opfer hier in der Lobstädter Straße in einer Öffentlichen Trauerfeier bestattet.

In den folgenden Wochen wurden weitere Massengräber im „Großen Fürstenholz“ in Flößberg entdeckt.

Damals wurde entschieden, die 38 Opfer, in Einzelgräber im Flößberger Wald neu bestattet.

So entstand der „Flößberger Friedhof“ im Frühsommer 1945.

Die Opfer fanden somit ihre letzte Ruhestätte.

In den vergangenen 66 Jahren begann eine wechselvolle Geschichte des Friedhofes im Flößberger Wald.

Die 38 Einzelgräber wurden eingeebnet und verschwanden unter einer Rasendecke.

Der Friedhof verfiel immer mehr und eine Umbettung stand bis November 2010 ins Haus. 

Die Geschichtswerkstatt „Flößberg Gedenkt“, anrangierte sich für die Erhaltung des Friedhofs im „Großem Fürstenholz“ in Flößberg und fand viele Partner, so u.a. den Pfarrer Dietze in Ruhe.

Ein „Runder Tisch“ wurde gebildet.

Im Ergebnis all dieser Aktivitäten wurde mit Schreiben der Landesdirektion Chemnitz, vom 15. November 2010, mitgeteilt, und ich zitiere: „… der Landesverband Sachsen der Jüdischen Gemeinden einer Verlegung der auf dem Häftlingsfriedhof im Wald bei Flößberg verbliebenen Opfer auf den Ehrenhain nach Borna nicht Zugestimmt hat. Wir werden daher die Absicht zur Verlegung nicht weiter verfolgen. Der Häftlingsfriedhof im Wald bei Flößberg bleibt erhalten. Verantwortlich für die weitere  Erhaltung vor Ort ist gemäß dem Sächsischen Bestattungsgesetz die Stadt Frohburg.

Die Stadt Frohburg hat im Dezember 2010 einen Fördermittelantrag für einen Zaun und ein Tor gestellt, der bewilligt wurde.

Vom Forst wurden Baumfällarbeiten veranlasst.

Auf Grund der Witterung konnte diese Maßnahme nicht abgeschlossen werden.

Nun geht es darum, die Stätte des Gedenkens Schritt für Schritt zugestalten, unter Einbeziehung der Jüdischen Gemeinde.

Wir wollen all der Menschen gedenken,  die ihr Leben geben mussten.

Es darf sich niemals mehr derartiges wiederholen.

Verharren wir im stillen Gedenken!        

Kategorien: Antifaschismus, Landkreis

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